Pro Pflegestützpunkt im Landkreis Bayreuth

Zu meinem Bedauern wurde der Antrag auf Pflegestützpunkt im Auschuß für Kultur und Soziales abgelehnt: ob die Pflegebedürftigen und deren Angehörigen trotz der demografischen Entwicklung in Zukunft umfassende und unabhängige Information und Unterstützung finden, wir d sich zeigen, die Sozialverwaltung im Landkreis Bayreuth präsentierte sich optimistisch und ist als Ansprechpartner zu nennen.

Meine Argumentation:

Lieber Landrat Wiedemann, Liebe Kolleg*innen im Kreistag, Sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,

Vielen Dank an dieser Stelle für Zeit und Mühe die Ihrerseits aufgewendet wurden für fachlichen Austausch:

Die Entwicklung rasant und dringend notwendig: vor kurzem waren es noch 9, nun gibt es schon 20 Pflegestützpunkte (weitere sind in Beantragung, wie auch Forchheim.) 

https://www.stmgp.bayern.de/pflege/pflegestuetzpunkte/

Die vorhandenen Strukturen könnten gebündelt und gestützt werden, dem wunderbaren ehrenamtlichen Engagement der kommunalen Seniorenbeauftragten würde dies keinen Abbruch tun. Sie könnten wertvolle Vernetzungsarbeit leisten – Pflegeberatung selbst sollten sie nicht leisten, das wäre problematisch

Folgende Gründe sprechen dafür:

Allgemein:

  • Pflegestützpunkte bieten umfassende Beratung und Begleitung für eine Lebenslange Pflege 🡺 Pflegestützpunkte bauen Vernetzungs- und Kooperationsstrukturen auf und pflegen diese 🡺 Durch Pflegestützpunkte ist eine wohnortnahe Zusammenführung und Weiterentwicklung der derzeit zersplitterten Beratungsinfrastruktur möglich! Dadurch ist eine verbesserte Steuerung der  Hilfeleistungen sowie eine Stärkung der Prävention und Rehabilitation möglich. Über-, Unter- und  Fehlversorgungen können aufgedeckt werden!  
  • Versorgungslücken können durch die ständige Erfassung und regelmäßige Aktualisierung aller Hilfe und Unterstützungsangebote durch den Pflegestützpunkt entdeckt und behoben werden.  Pflegestützpunkt als Impulsgeber innovativer Versorgungskonzepte! 
  • Mit Pflegestützpunkten haben die Ratsuchenden EINE Anlaufstelle und EIN/E kontinulierliche/n  Ansprechpartner/in für alle Fragen, die sie lebenslang durch das Thema begleitet! Es entfällt die lange  und oft frustrierende und kraftraubende Suche nach richtigen Ansprechpartnern und Angeboten.
     
  • Pflegeberatung ist komplex – hierzu wurde eigens eine Fachweiterbildung §7a SGBXI aufgesetzt, auch bei uns: die FoBi richtete sich an Pflegeprofis, s. a. https://www.seniorenportal.de/pflege/pflegefall-was-nun/pflegeberatung-nach-p-7a-sgb-xi#1
  • Der VDK Bayreuth als größter Sozialverband forderte erst im April 2021 als eine von 3 Maßnahmen die Errichtung eines Pflegestützpunktes: die Zahl der Menschen, die Jahr für Jahr in Pflegebedürftigkeit geraten, übersteigt das Maß der Möglichkeiten des vorhandenen Teams deutlich  Bayerisches Landesamt für Statistik, PM vom 09.02.2021
  • Die Pflegenden Angehörigen e.V. fordern ebenfalls die Errichtung eines PSP: sie betonen insbesondere die Wichtigkeit einer einheitlichen Bezeichnung der Ansprechstelle, um zu gewährleisten, dass die Stelle gefunden wird.

Bisher: werden Hausärzt*innen, bereits im Haushalt tätige unterstützende Pfleger*innen und die vorhandenen Dienste um Rat gebeten (so auch aus der Studie zum seniorenpol. Gesamtkonzept zu entnehmen): diese Stellen wären als Multiplikator*innen für PSP – wenigstens teilweise geeignet – doch auch hier kann und wird nicht umfassend und unabhängig beraten: natürlich hat jeder Dienst primär seine eigenen Angebote im Fokus. Abgesehen davon werden damit die Stellen, die ohnehin schon mehr als genug zu tun haben – Stichwort Pflegenotstand/ Hausärztemangel in ländlichen Strukturen zusätzlich belastet. 

Und die Pflegebedürftigen und deren Angehörigen haben zusätzlich zum emotionalen Stress und der Herausforderung von Barrierefreiem Umbau und Fö-Strukturen über die Frage nach wie wohnen, wie planen, welche Hilfen braucht es sofort, welche passager, welche dauerhaft, wie ist das zu finanzieren, wofür sind Eigenleistungen zu erbringen, sich in der Familie und mit den Betroffenen abzustimmen, etc. sich auch noch mit dem bürokratischen Dschungel und nervenzehrenden Widerspruchsverfahren (und das ist einer, das können Sie mir glauben herumschlagen. Auch die Kliniksozialdienste sind oftmals überlastet und auch nur so lange zuständig, solange der Mensch stationär ist: auch sie profitieren von der Kooperation mit PSP.

Die vorhandenen Strukturen sind nicht in der Lage die Anforderungen der nächsten Jahre zu bewältigen und sie sind nicht in der Lage die Bedarfe aller 33 Kommunen, mit der Herausforderung weiter Strecken im ländlichen Raum ab.

Bei uns besonders

  • Demografie: wir werden älter, der oberfränkische Altersquotient liegt deutlich über dem bayerischen Schnitt und die Babyboomer-Generation kommt erst noch selbst in das Alter in dem Hilfen notwendig werden. Zudem haben wir einen Wegzug junger Menschen und einen Zuzug älterer Menschen zu verzeichnen.
  • PSP sind nicht nur für Senior*innen da: auch Menschen die in jüngerem Alter der Pflegeleistungen bedürfen werden bedacht.
  • Pflegekassen: die Landschaft ist bunt und vielfältig – die Beratung ebenso. nur rund 40% der Landkreisbürger*innen sind bei der AOK versichert, die nach empfinden der Sozialverwaltung qualitativ gute Beratung leistet. Die anderen 60% sind bei DAK, Barmer; GEKs, TKKs, BKKs: hier gibt es Beratung oft nur online/ telefonisch, und ganz häufig aus weiter Ferne, ohne Kenntnis der tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort. Die Befürchtung die Bemühungen der AOK um ihre Kunden könnten reduziert werden sind bei hohem Konkurrenzdruck unter den KK nicht zu erwarten – die Kollegen des PSP CO konnten diese Sorge nicht bestätigen.

Allgemein darf die Pflegeberatung nur gegenüber der Kundin selbst oder einer Bevollmächtigten geleistet werden: eine weitere Hürde, bedenkt man die veränderten Lebensentwürfe, da Kinder nicht mehr unbedingt in räumlicher Nähe zu den Eltern wohnen.

  • Es geht also darum Hilfen für Anspruchsinhaber*innen, also unsere Bürger*innen, erreichbar zu machen, was Kosten erzeugt: das ist der Bias, der mit gut erreichbaren Hilfen einhergeht.Doch: wir sind ein sozialer Staat (Art. 20 GG) und berechtigte Ansprüche sollten bei den Bürger*innen auch ankommen, geprüft wird ohnehin gründlich.

Zu guter Letzt: 

  • Nicht umsonst hat die Bayerische Staatsregierung die Möglichkeit der Antragstellung für Landkreise eröffnet. – beim Thema Pflege wurde uns noch nie etwas geschenkt
  • Nicht umsonst titelten die letzten beiden Ausgaben der „Landkreistag aktuell“ mit PSP –
  • Nicht umsonst haben sich die PSP mehr als verdoppelt in den letzten Monaten – es ist anders kaum zu schaffen.

Ich bitte Sie also sehr: als Profi aus der Sozialen Arbeit:

Pflegende Angehörige schultern die Hauptlast: emotional, sozial, finanziell, bürokratisch: sie leisten für 70% der Bedarfe oft rund um die Uhr Hilfen: oft mit wenig Unterstützung und Entlastung (Stichwort Kurzzeit/Verhinderungspflege, Herausforderungen: Mobilität, Demenz, Dekubitus, etc.): 

Pflegende Angehörige, das sind die Partner*innen, die Kinder, oft ganze Familien, die die Arbeit schultern – wir können es uns gar nicht leisten, diese Leistungen nicht zu unterstützen: denn das, was wir heute nicht regeln, kommt den folgenden Generationen teuer zu stehen – denn diese Leistungen müssen dann durch Profis und durch stationäre Hilfen aufgefangen werden.

Nutzen wir die Gelegenheit jetzt die Strukturen auszubauen und uns von den zu beanspruchenden 1,8VZÄ bis zu 1,2VZÄ refinanzieren zu lassen, bei weiteren 45.000€ für die Etablierung:sorgen wir dafür, dass wir bei uns im Landkreis Bayreuth auch weiterhin gut alt werden können . 

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